Wenn man auf ein Konzert von Warren Haynes geht, muss man viel Zeit mitnehmen. Auch wenn das Ticket fast 40Euro gekostet hat und die Theaterfabrik nicht unbedingt zu den akustisch besten Hallen Münchens zählt, war es jeden Cent wert. Nach dem Exklusivinterview mit Warren Haynes waren wir natürlich auf das Konzert gespannt. Die über 1000 Personen fassende Halle war vermutlich ausverkauft.
Text: Mario Bollinger. Fotos: Christophe Rascle
Gov’t Mule kam zeitig auf die Bühne. Ohne Ansage überwältigte eine gewaltige Einakkordfolge mit kleiner Improvisation das Publikum. Die Gewalt des Sounds in den ersten Reihen war fulminant und mit „Brand New Angel“ zelebrierte die Band gleich mal die härtere Seite der Band. Warren Haynes spielte zur Abwechslung mal eine Gibson Firebird Non Reverse mit Humbucker Pickups. Nach dem sich Bassist Jorgen Carlsson mit ein paar Licks und Solos zu Wort gemeldet hat, wurde auch schnell klar, dass der Sound nicht optimal war. Bass und Gesang waren zu diesem Zeitpunkt schwammig eingestellt.
In typischer Warren Haynes Manier wurden die Stücke auf die minimalen Gesangsstrophen reduziert und auf maximale Sololänge gespielt. Warren Haynes, Jorgen Carlsson und Keyboader Danny Louis spielten sich sozusagen immer wieder die Bälle gegenseitig zu, um ihre Solos nahtlos aneinander zu reihen. Kein Stück ging hier unter 6-7 Minuten zu Ende. Erst nach 45 Minuten und gefühlten 3 Songs kam Gov’t Mule in ruhigeres Fahrwasser. Überraschend präsentierten sie den Led Zeppelin Song „D‘yer Mak‘er“, ebenso stand plötzlich Keyboarder Danny Louis zur Unterstützung von Warren Haynes mit einer Gitarre hinter seiner Keyboardburg. Mit einem wortkargen, aber mit Endlossolos versehenen “Mule“ ging nach 60 Minuten Spielzeit die Band erst mal in die Pause.
Da mich der Sound im vorderen Teil der Halle erst mal förmlich erdrück hat, ging ich in den hinteren Teil der Halle, wo man andere geneigte Musiker und Gov’t Mule Fans wie Rusty Stone samt Bassisten Mr. C. P. traf.
Der 2. Teil begann wie der erste Teil geendet hat. Phantastischer, wah-wah-geschwängerter Gitarrensound zum Reggae „Unring the bell“, Warren Haynes toller melodischer Gesang. Dann ein Drumsolo von Matt Abts – einem Phänomen, das die jüngeren Musikhörenden aus den vorproduzierten Radiosongs gar nicht mehr kennen. Wen die Songfolge des Münchner Konzerts interessiert, kann sie auf muletracks.com nachlesen und auch das Konzert als Bezahldownload erwerben. Gottseidank hatte der Tontechniker ein Einsehen und optimierte den Sound vor allem um den Bass von Jorgen Carlsson. Ca. um 23Uhr15 ging das eigentliche Konzert zu Ende. Gov’t Mule ließ es sich aber in seiner Spielbegeisterung nicht nehmen, nach fast 3 Stunden Spielzeit noch eine Zugabe zu spielen. Und jetzt kommt er doch noch durch – der Blues – meinte der Musikfan. Weit gefehlt, denn was als toller Gitarrenblues begann, endete in Warren Haynes bekanntesten Superstück, nämlich dem „Soulshine“. Warren Haynes, eher ein Mann der wenigen Worte, erklärte zu dem Song sogar, dass der „Soulshine“ sein Kindheitsnickname war, den ihm sein Vater gab.
Im zwanzigsten Jahr seines Bestehens hat also Gov’t Mule nichts von seiner Attraktivität verloren. Auch wenn es nicht das typische Bombastkonzert à la „Dub Side of the Mule“ war, hat mich doch die Spiellaune, Solos und Improvisationen von Gov’t Mule gefallen. Wer es noch mal erleben will, geht in den nächsten Tagen auf muletracks.com und geniest das Konzert noch mal zu Hause. Vielleicht sogar in besserer Qualität als in der Theaterfabrik.