Wenn der Rhythmus beginnt, ist noch alles bekannt. Natürlich: Noch eine Version des „Girl from Ipanema“. Locker pulsiert der Groove, ein Saxophon spielt. Doch dann: Die Stimme. Unverkennbar Ella.
Und sie verändert den Text. Plötzlich ist es ein Mann, der da den Strand entlangkommt und sie übersieht. Ella Fitzgerald als Interpretin von Bossa Nova ist nicht unbedingt eine sofort einleuchtende Kombination.
Mit ihren „Songbooks“ hatte Ella Fitzgerald die Lieder unter anderem von Gershwin, Cole Porter oder Duke Ellington auf noch heute beispielhafte Weise interpretiert und gleichzeitig ihren Status als führende Jazzsängerin der Welt unter Beweis gestellt. Das 1981 veröffentlichte Album „Ella abraca Jobim“ setzt diese Tradition fort und zeigt Ella gleichzeitig als mitreißende Interpretin lateinamerikanischer Jazzmusik. Entstanden ist eine wunderschöne Würdigung der großen Bossa Nova-Songs von Antonio Carlos Jobim.
Produzent Norman Granz wollte mit dem Album nicht einfach nur die endlosen Klischees von Latin Jazz wiederholen. Und so suchte er eine Rhythmusgruppe, die auch die neuen Elemente aus Soul und Funk in die Arrangements mit einbringen konnte. Als Instrumentalisten stellte er Ella unter anderem den Gitarristen Joe Pass, Zoot Sims (ts) oder den Mundharmonikavirtuosen Toots Thielemans an die Seite.
Enstanden ist ein traumhaftes Sommeralbum, das Ella in Hochform zeigt. Locker, sonnig und fließend sind die Melodien. Der Groove ist nicht Hardcore-Funk, aber deutlich mitreißender als in den viel zu oft veröffentlichten Bar-Versionen von Jobims Liedern. Etliche der Lieder singt Ella in Portugiesisch, ohne dass es irgendwie gezwungen klingt. Mit den Solisten spielt sie sich die Melodien zu und bringt den Strand sogar zum Swingen. Dass sie die Melancholie, die der Bossa Nova oft zu eigen ist, nicht beachtet, ja das Tempo der Stücke oft ganz gewaltig steigert, das mag die Puristen enttäuschen. Der Musik und der Tanzbarkeit tut das sehr gut.