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Das ewige Recyceln vergangener Musikstile hat 2009 die 80er Jahre erreicht. Und da besonders den synthetischen Elektro-Pop. Selbst intellektuelle Musikmagazine feiern den Trend zur Seelenlosigkeit. Hier ein anderer Jahresrückblick.

So langsam hab ich die Ohren gestrichen voll. Wenn mir noch jemand den Tipp gibt, mir doch diesen oder jenen von den 80er-Poppern inspirierten Song anzuhören, dann raste ich aus. Merkt denn niemand, dass diese seelenlose Musik mir schon einen großen Teil der Jugend versaut hat?

Es war gruselig, als ich zum ersten Mal im Fernsehen Modern Talkin sehen musste. Über dieses Trauma bin ich damals nur hinweggekommen, weil in der gleichen Sendung auch noch Billy Idol mit seinem Punk-Pop zu sehen war. Schon vorher konnte ich nicht verstehen, weshalb in meiner Klasse plötzlich Leute Musik wie die von a-ha, Alphaville, …. bis hin zu Bad Boys Blue oder Sandra gut finden konnten. Das war doch alles kein Rock mehr. Da fehlte jegliche Seele. Und die Künstlichkeit wurde zum Programm erhoben. Für mich war das akustischer Sondermüll, auch wenn ich heimlich manche der Melodien sogar gut fand.

Doch jetzt das – Man liest die Jahresrückblicke der diversen Musikmagazine. Und dort bekommt man zum wiederholten Male vorgebetet, das Lady Gaga (ob mit Schwanz oder ohne), La Roux, und wie die Truppenteile noch heißen mögen, die beste Musik des Jahres gemacht hätten. Wo leben wir denn? Hab ich komplett mein Gehör verloren? Lebe ich in einer anderen Soundgalaxie? Das, sprich: die Wiederholung des Zombie-Pop der 80er soll plötzlich cool und großartig sein? Ich fasse es nicht.

Natürlich tauchen in den Bestenlisten etwa des Musikexpress auch noch „echte“ Rockplatten auf. Doch großartige Neuentdeckungen wie Katzenjammer oder schöne Comebacks wie das von Madness werden unter den Tisch fallen gelassen. Statt dessen das x-te Interview mit Herrn Diestelmeyer über seinen intellektuellen Schulhofrock, das Anbiedern an das neu-alte Mitglied von Take That, Klatsch und Tratsch über Amy Winehouse und bestenfalls noch Hinweise auf den neuesten Clon aus der Gilde der AC/DC-Erben. Ok, und Jack White hat im Laufe der Monate so viele Projekte angestoßen, dass auch er vorkommt. Wäre ja noch schöner.

Zum Glück hat wenigstens Spex kapiert, dass im Bereich der Dance-Musik Projekte wie The Very Best wesentlich interessanter waren wie der Synthiepop… Vielleicht sollte ich meinen Zeitschriftenkonsum im nächsten Jahr einfach einschränken und statt dessen mehr im Netz selbst recherchieren. Denn gerade auch im Bereich der freien Musik gibts wesentlich spannenderes zu entdecken als in den Playlisten der angestellten Redakteure. Von den Hitparaden ganz zu schweigen.

Hier meine wichtigsten Neuentdeckungen und Platten des Jahres (unabhängig vom Erscheinungsjahr):

    • Katzenjammer – Le Pop ist und bleibt für mich das Album des Jahres!
    • Element Of Crime – Immer da wo du bist bin ich nie
    • Madness – The Liberty of Norton Folgate (Schöne, unspektakuläre aber längerwirkende Scheibe!)
    • Kitty Daisy & Lewis – s.t.
    • Drunksouls – On verra plus tard… Remix 2008
    • FLORES NEGRAS – cuatro voces en tango
    • Ey Lou Flynn – Naja, ich hab mein Bestes gegeben (lange nicht mehr so grandios anarchische deutsche Musik gehört)
    • The Very Best – Warm Heart of Africa