Blues aus dem Geiste des Voodoo, jede Menge Wahnsinn und Songs die wahlweise nach Dr. Johns oder Tom Waits klingen packt der Münchner Dr. Will auf sein neues Album „Dirt“. Der Dreck, in dem wir dereinst zur letzten Ruhe gebettet werden ist damit ebenso gemeint wie die Musik des Sängers sich jeglicher Politur gründlich verweigert.
Wer die Voodoeskapaden von Dr. John The Nighttripper aus den 60er und 70er Jahren schätzt, wird an Dr. Will seine helle Freude haben. Hier hat einer den Aufenthalt in Louisiana genutzt, um sich ganz und gar dieser Musik zu verschreiben und sie mit jeder Faser seines Körpers aufzusaugen. Dass er gleichzeitig auch die Art des Songschreibens von Tom Waits mit seinem Blick auf die Schattenseiten der Kneipenwelten und Nebenstraßen schätzt, tut „Dirt“ noch zusätzlich gut. Denn wenn Dr. Will sich auf früheren Alben oft in die Fantasy-Welten des Psychobilly geflüchtet hat: „Dirt“ verweigert sich einer solchen Flucht und zeichnet faszinierend düstere Bilder vom Abschiednehmen, vom allgegenwärtigen Dreck und dem Zwang, mit seinem Leben dennoch fortzufahren.
Die Frau ist weg, das Geld wohl auch, aber der Blues bleibt, und so lässt man sich vom Boogie treiben durch die schwüle Nacht. Oder man geht halt fischen, weil man da so schön alleine sein kann mit den Gedanken. Klar doch, es gab gute Zeiten. Doch irgendwie muss man sie einer Neubewertung unterziehen. Und wenn sie der Meinung ist, es sei ein ernstes Gespräch nötig – werd endlich mal häuslich! – oder gar auf dem Kissen ihre Nachricht liegt… Was solls?
Um es kurz zu machen: „Dirt“ hat mich begeistert musikalisch und textlich. Live wird mich Dr. Will mit seiner an Screamin Jay Hawkins orientierten Performance wahrscheinlich völlig umhauen. Die Chance dafür ist für Norddeutsche im Juni beim Bluewave-Festival auf der Insel Rügen gegeben.