John Lennon nannte ihn den „Shakespeare des Rock & Roll“. Als Gitarrist war Chuck Berry Vorbild für die Rolling Stones ebenso wie für Bruce Springsteen. Und als Songschreiber kann man ihn gar nicht hoch genug einschätzen. Anlässlich seines 90. Geburtstags hatte Chuck Berry im Oktober 2016 für dieses Jahr ein neues Album angekündigt. Am 18. März ist Chuck Berry in seinem Haus in Missouri gestorben.
Was ist Rock & Roll? Musikalisch ist es die Verschmelzung verschiedener Stile wie Blues, Jazz, Country und mehr zu etwas Neuem. Aber vor allem ist Rock & Roll die Widerspiegelung des Lebensgefühls ganzer Generationen. Und ganz am Anfang stand Charles Edward Anderson Berry Sr. alias Chuck Berry.
Geboren wurde Chuck Berry am 18. Oktober 1926 in St. Louis. Sein Vater war Diakon einer Baptistengemeinde, seine Mutter Lehrerin. Als viertes von sechs Kindern wuchs Berry in einer Mittelstandsumgebung auf. Aber das hinderte ihn nicht daran, krimell zu werden. Drei Geschäfte hatte er 1944 überfallen und dann noch mit vorgehaltener Waffe ein Auto geraubt. Dafür verurteilte man ihn zu drei Jahren Jugendgefängnis. Im Intermediate Reformatory for Young Men at Algoa gründete er ein Gospelquartett und tat sich auch als Boxer hervor. Das Quartett war so gut, dass es auch außerhalb des Gefängnisses auftreten durfte.
Nach seiner Haftentlassung war Berry ziemlich schnell das erste Mal verheiratet. Die junge Familie versuchte er mit den verschiedensten Jobs zu ernähren. So arbeitete er in Autofabriken ebenso wie als Hausmeister. Dann machte er noch eine Ausbildung als Kosmetiker. Damit verdiente er zumindest soviel, dass er ein kleines Haus für die Familie kaufen konnte.
Anfang der 50er Jahre versuchte er als Gitarrist in verschiedenen Bands das Einkommen aufzubessern. 1953 begann dabei seine langjährige Partnerschaft mit dem Pianisten Johnnie Johnson. Normalerweise spielten sie hauptsächlich Blues und Balladen etwa im Stil von Nat King Cole. Doch die eigentlichen Hits damals waren alles Countrynummern. Und so brachte Johnson Berry dazu, ein wenig mehr Country in die musikalische Mixtur aufzunehmen. Und genau das brachte die Leute in den Kneipen zum Tanzen. Und außerdem wurden jetzt auch weiße Zuhörer auf ihn aufmerksam.
1955 fuhr Chuck Berry nach Chicago und fragte Muddy Waters, an wen er sich wegen möglicher Plattenaufnahmen wenden solle. Schließlich sah er sich als aufstrebenden Bluesmusiker und nicht als musikalischer Neuerer. Der empfahl ihm Chess Records. Und seltsamerweise waren es nicht seine Bluesnummern, die Leonard Chess aufhorchen ließen, sondern seine Version der Countrynummer „Ida Red“. Als „Maybellene“ wurde dieser Song der erste große Hit für Chuck Berry. Danach folgten „Roll over Beethoven“, „Johnny B. Goode“ und mehr. Chuck Berry war damit einer der größten Stars des Rock & Roll geworden und tourte unaufhörlich. Selbst beim Newport Jazz Festival trat er auf.
Und neben seinem „Duckwalk“ hatte Berry das harte Gitarrenriff in der Popmusik etabliert. Ohne das wären nicht nur die Beatles oder Stones undenkbar. Die ganze Geschichte der Rockmusik geht zu großen Teilen bis dahin zurück.
Ende der 50er Jahre hatte sich Berry als Superstar mit jeder Menge Hits etabliert. In St. Louis hatte er einen integrierten Nachtclub für Farbige und Weiße eröffnet und investierte sein Geld in Immobilien. Doch dann wurde er angeklagt, ein 14jähriges Mädchen über die Grenzen des Bundesstaates gebracht zu haben, um mit ihr zu schlafen. Zunächst wurde er zu fünf Jahren, in einem zweiten Verfahren zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Von 1962-1963 saß er insgesamt 18 Monate der Strafe ab. Während der Prozesse hatte er weiter Musik aufgenommen. Doch die Zahl der Hits nahm ab. „Come On“ war der letzte vor Antritt seiner Haftstrafe.
Als er entlassen wurde, war das Interesse an seiner Musik wieder gewachsen. Denn britische Bands wie die Strones und die Beatles hatten seine Songs gecovert und sich als große Fans geoutet. Neue Hits wie „Nadine“ und „No Particular Place To Go“ entstanden. Berry war von Chess Records zu Mercury gewechselt und verdiente hauptsächlich durch Konzerte und Tourneen sein Geld. Hierbei zeigte er sich als sturer Verhandler, der von seinen Forderungen nicht abrückte und auf Bargeld bestand. Was der Qualität der Konzerte aber nicht unbedingt gut tat, war die Tatsache, dass Berry meist mit lokalen Begleitbands auftrat, mit denen er auch nicht wirklich probte. Unter anderem waren Bruce Springsteen und Steve Miller zu Beginn ihrer Karrieren schon als Begleiter von Berry auf der Bühne. Auf Wunsch von Jimmy Carter spielte er 1979 sogar ein Konzert im Weißen Haus. Ob er auch dort zunächst nach Bargeld fragte, ist nicht überliefert.
Das Bargeld brachte ihn dann auf jeden Fall wieder vor Gericht: Die Steuerbehörde warf ihm vor, auf diesem Wege Einkommenssteuern zu hinterziehen. Berry bekannte sich schuldig und wurde zu vier Monaten Gefängnis und 1000 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Die leistete er mit zahlreichen Benefizkonzerten ab.
Neben den Konzerten waren Gerichtsverfahren in den nächsten Jahren eine Konstante. So wurde er verklagt, in einem seiner Restaurants auf dem Frauenklo eine Videokamera installiert zu haben. Mehr als eine Million soll es ihn gekostet haben, den Streit aus der Welt zu schaffen. Im Jahr 2000 war es schließlich Jimmie Johnson, der seinen langjährigen Kollegen verklagte. Er bestand darauf, als Co-Autor von Berrys großen Hits anerkannt zu werden. Das Verfahren wurde allerdings abgewiesen, da der Richter der Meinung war, nach einer so langen Zeit könne so ein Streit nicht mehr entschieden werden.