Bobby Rush ist ein Phänomen. Pro Jahr spielt er 200 bis 300 Konzerte, oft auf europäischen Festivals. Doch die meisten Gigs spielt er in den USA, da vor allem im Süden. Und das sind nicht die großen glänzenden Clubs, sondern kleine Kneipen, wo sich die Menschen freuen, dass mal Live-Musik läuft. Und Rush gibt ihnen die ganz große Show: glitzernde Klamotten, vollbusige Tänzerinnen und eine Musik, die wie eine wilde Mixtur aus klassischem Blues und dem frühen Funk von James Brown daherkommt.
Eigentlich wurde dieser Sänger, Harpspieler und Entertainer erst in den letzten Jahren außerhalb seiner eigenen Szene wirklich gewürdigt. Ich selbst bekam ihn erstmals zu Gesicht im Dokumentarfilm „The Road To Memphis“, einem Teil der von Martin Scorsese produzierten Reihe zur Geschichte des Blues. Hier wurde sein Tourleben in Parallele zu dem von B.B. King gesetzt, in seinen jüngeren Jahren auch einer dieser unermüdlichen Live-Musiker, die mehr auf Tour als zu Hause waren.
Auf „Chicken Head“ hat Omnivore Recordings, eines der wirklich wichtigen Label zur Wiederveröffentlichung von Soul und verwandter Musik, einen echten Karriererückblick veröffentlicht. Am Anfang steht noch der klassische Chicagoblues mit seiner an Junior Parker und Little Walter erinnernden Bluesharp. Später kommen dann aktuelle Tanzmelodien hinzu. Manchmal erinnert Rush hier gar an Rufus Thomas. Dann kommen die 80er Jahre – für den Blues eigentlich keine wirklich gute Zeit – die Keyboards klingen nach Plastik. Keiner hatte mehr genug Geld übrig, um echte Bläser anzuheuern. Doch Bobby Rush steht selbst diese Zeit durch. Er produziert bei den verschiedensten Firmen.
Für mich die Höhepunkte dieser bunten Box: Songs, die Rush gemeinsam mit Blinddog Smokin und auch mit Dr. John eingespielt hat. „Another Murder In New Orleans“ ist einfach einer der besten Songs, die in den letzten Jahren über diese Stadt aufgenommen wurden.