Als ich den Veranstaltungshinweis las, dass eine Band namens „British Blues All Stars“ im Seehaus Krottenmühl auftritt, musste ich erst mal zwei Dinge nachlesen: Wer waren die British Blues All Stars und wo ist die Location?
 

Text und Interview: Mario Bollinger. Fotos: Christophe Rascle

Also, die British Blues All Stars ist die neu arrangierte Version einer älteren Bluesgarde, die jetzt mit Dave Kelly und Gary Fletcher aus Teilen von The Blues Band besteht und mit namhaften Musikern wie dem Drummer Pick Withers (ex- Dire Straits), Zoot Money und Pete Emery ergänzt ist.

Organisiert wurde das Konzert vom Blues Club Chiemgau, der mehr oder weniger als Einmannbetrieb um den Horst Schmidmayer agiert. Er organisiert schon seit Jahren Konzerte in der mittlerweile vierten Location im Chiemgau, also der Gegend um den Chiemsee herum. Es gelingt ihm immer wieder, namhafte Bands und Musiker zu buchen. International waren hier Devon Allman und Chris Jagger am Start, aber ebenso wurden Lokalgrößen wie Dr. Will & The Wizards, Schorsch und de Bagasch sowie Reverend Rusty gesichtet. Wer regelmäßig die Wasser-Prawda liest oder in Crossroad Cafe auf 98eins hört, kennt auch BabaJack oder 3 Dayz Whizkey, die auf der Gästeliste des Chiemgau Blues Club stehen. Aber am Abend des 8. Oktobers 2014 gaben sich die British Blues All Stars auf der Bühne im Seehaus Krottenmühl die Ehre. Diese Location ist ohne Navigation nicht zu finden, aber dafür überrascht eine gute Gastronomie und ein Saal mit rund 100 Sitzplätzen.

Wie selbstverständlich konnte ich mit Dave Kelly kurz vorher einen Interviewtermin vereinbaren und so standen Dave Kelly und Gary Fletcher zum kleinen Interview nach dem Aufbau bereit. Beide kannten wir ja schon vom Mühldorfer Konzert von The Blues Band. Auch Pick Withers erzählte uns einiges aus seiner Zeit nach den Dire Straits. Leider kam die Band mit großer Verspätung an der Location an, so dass das Interview leicht komprimiert stattfand. Aber Musiker, die solange im Geschäft sind, machen einen professionell kurzen Soundcheck und so hatten wir doch noch etwas Zeit für das Interview.

WP: Die BBAS (British Blues All Stars) ist eine Formation, die sich 2013 neu gefunden hat. Was ist der Unterschied zwischen The Blues Band und der BBAS?
Dave Kelly: Die BBAS ist eigentlich eine sehr alte Formation, die 2004 gegründet wurde. Das Ganze geht aus den Aktivitäten von Bob Hall mit vielen British Blues Legends hervor Mittlerweile sind es komplett andere Musiker. Es sind im Wesentlichen alte Freunde, die hier wieder auf Tour gehen.

WP: Bist Du zu jung, um zu Hause zu bleiben, um sich um die Enkel zu kümmern?
Dave Kelly: Oh ja, aber eigentlich habe ich schon 4 Enkel.

WP: Ihr spielt jetzt 14 Shows in 15 Tagen. Habt Ihr keine Angst um Eurer Gesundheit?
Dave Kelly: Nun, ich bin erst 67 Jahre alt und muss noch Kinder und Enkel versorgen. Aber natürlich passe ich auf mich auf. Mein Jüngster ist 16 Jahre als, aber solange ich das Vergnügen mit dem Geld verdienen verbinden kann, ist das toll.

WP: Pick Withers, Du kommst von der Monsterband The Dire Straits. Was macht für Dich den Unterschied aus, mit einer Band wie den BBAS zu spielen?
Pick Withers: Der Blues altert nicht und auch der Geschmack ändert sich kaum. Es macht Spaß, das zu tun, was einem in den Sinn kommt. Ich habe lange in Italien als Drumlehrer gelebt, weil mich das mehr ausfüllte als der Drummer in einer Rockband zu sein.

WP: Gibt es Pläne für eine Wiedervereinigung mit den Dire Straits?
Pick Withers: Nein

WP: Wird es von der BBAS eine CD geben?
Dave Kelly: Ja, aber sicher

WP: Wer bringt die Gruppe vorwärts?
Dave Kelly (lacht): Ich und Gary fahren abwechselnd – ganz demokratisch.

WP: Ist der 12 Bar Blues ein Paradigma?
Pick Withers: Ja, für mich steckt da das Zelebrieren des Lebens dahinter. Aber es ist nicht einfach. Die Konzertbühnen in UK verschwinden immer mehr. Es frustriert mich auch, wenn ich sehe, wie die jungen Menschen an Musik herangeführt werden. Nur wenige junge Menschen machen sich noch die Mühe, ein Instrument wirklich zu lernen. Es ist zu einfach, mit neuen Medien schlechte Musik zu machen.

WP: Wie alt ist Euer Publikum?
Dave Kelly: Ungefähr so alt wie wir.

WP: Könnt Ihr auch junges Publikum ansprechen?
Dave Kelly: Gott Sei Dank ja. Es sind merkwürdigerweise Menschen im Alter von ca. 20 Jahren unter unseren Konzertbesuchern.

WP: Kann die Band auch neue Ideen entwickeln oder sich neuen Stilen anschließen, wie es z.B. die Tedeschi Trucks Band oder JJ Grey & Mofro macht?
Dave Kelly/Gary Fletcher: Wir hören eigentlich nicht viel andere Musik. Wenn wir etwas hören, dann ist es z.B. Country Music. Ich würde auch gerne mal andere Instrumente wie z.B. ein Banjo einbringen

WP: Wo seht Ihr den Unterschied zwischen dem britischen und amerikanischen Blues?
Gary Fletcher: Als Erstes müssen wir feststellen, dass wir hier nur den Blues kopieren. Es ist das Erbe der Amerikaner und afro-amerikanischen Musiker und wir entlehnen da dieses Erbe. Wir haben hier die Wiedergabe einer Wahrnehmung, was wir in Großbritannien als Blues bezeichnen.

WP: Werdet Ihr auch außerhalb von Europa auftreten?
Dave Kelly: Noch nicht!

Nach dem Abendessen und einer kleinen Photosession mit Christophe Rascle standen dann die British Blues All Start auf der Bühne. Nach einer Programmansage vom Blues Club Chiemgau ging es gleich mit Statesboro Blues in die Vollen. Der Saal war mit ca. 120 Gästen gut gefüllt. Da wir hier eine neu formierte Band vor uns haben, gibt es noch kein CD. Aber jeder der Musiker hat im Laufe des Abends seine Soloproduktionen angeboten und daraus Stücke für das Programm entnommen. Der 2. Song war der Gary Fletcher Song “My Love” von seiner CD „Giant from the Blue“, eine eher bluesige Version gegenüber der Studioversion. Zoot Money folgte mit seiner Version von “It Never Rains But It Pours” von Jimmy Witherspoon. Hier macht sich bereits die Bandbreite der Band bemerkbar. Unverwechselbare Nummern aus der ganzen Fülle des Blues. Aus Gary Fletchers Album gab es dann noch “Can‘t Live With – Can‘t Live Without”. Mit “Dust my Blues” erinnerte Dave Kelly an seine Zusammenarbeit mit Howlin‘ Wolf. Auf seiner CD „We had it all“ ist noch eine Originalaufnahme mit Dave und Wolf zu hören. In der großen Zeit des Britischen Blues, als der amerikanische Blues mal wieder im Niedergang war, kamen die amerikanischen Größen gerne nach UK und nahmen sich die lokalen Bands als Begleittruppe. Daraus entstanden viele Kooperationen und Symbiosen.
Als ich mich in der CD-Verkaufspause ein bisschen im Publikum umhörte, entdeckte ich ein älteres englisches Pärchen. Es waren Touristen, die selbst sehr musikalisch waren. Durch Zufall fanden sie ein Plakat oder Konzerthinweis und nahmen freudig die Möglichkeit wahr, bei einem Konzert mit der BBAS einen Abend fern ab der Heimat zu verbringen.

Dave Kelly präsentierte dann mit einer ungemein kräftigen Stimme den BB King Song „Never make a move too soon“. Der eher introvertierte Pick Withers ließ sich zur Aussage hinreißen, dass er sehr erfreut ist, hier zu spielen. Das Publikum wäre ungemein wertvoll und liebenswürdig. Und Zoot Money erzählte, dass sie in Wien gerade mal vor 50 Gästen gespielt haben. Dieses Kompliment an das deutsche Publikum hört man öfters, wenn man mit ausländischen Bands spricht, die in Deutschland auftreten.

Zoot Money besticht durch eine ausdruckstarke Interpretation von Soul und R&B Stücken. Wenn man die Augen schließt und Zoot zuhört, könnte man Ray Charles auf der Bühne vermuten. Es folgen Klassiker wie die Willie Dixon Nummer „The Same Thing“ in einer sehr eigenen Interpretation oder „Sitting on the dock of a bay“. Wie oben erwähnt, eine absolut kurzweilige und vielfältige Auswahl von Stücken, die hervorragend zu den Musikern passen. Heute Abend ist der 7. Gig in dieser Besetzung und Dave Kelly bestätigte später an der Bar, dass sie dafür gerade mal 3 Stunden geprobt haben: „Musik ist eine Sprache die jeder versteht“.

Mich als Gitarrist beeindruckte die Tatsache, dass Dave Kelly und Gary Fletcher sich eine akustische Gitarre teilen, obwohl Gary Fletcher ein Linkshänder ist und Dave die Gitarre mit einer Besaitung für Rechtshänder benutzt. Während Dave die Akkorde von oben nach unten schlägt, muss Gary sie von unten nach oben schlagen. Mit Songs wie „That‘s why we sing the blues“ beschließt die British Blues All Stars den Abend.