Als ich im Backstagebereich beim letztjährigen Tedeschi Trucks Band Konzert erstmals JJ Grey&Mofro als Opener sah und hörte, war klar: Hier müssen wir dranbleiben. Sobald der Tourplan 2015 stand, haben wir den Kontakt zum Management intensiviert und verbunden mit der Interviewzusage auch ein Pre-Release der neuen CD „Ol‘ Glory“ bekommen und rezensiert. Umso mehr waren wir gespannt, ob sich der Eindruck von 2014 auch in diesem Jahr wiederholt.
Das mit JJ Grey geführte Interview wird dann in der nächsten Ausgabe der Wasser-Prawda zu lesen sein.
 

JJ Grey & Mofro im Technikum München. Text: Mario Bollinger, Foto: Christophe Rascle

Im Programm wurde als Support Act Marc Broussard genannt. Ein Blick in die Medien zeigte, dass dieser Musiker, solo oder mit Band, wohl vom gleichen Schlag wie JJ Grey ist. Pünktlich um 20Uhr kam ein junger, bärtiger Mann im T-Shirt auf die Bühne und glänzte durch einen phantastischen Gesang. Seine Balladen und R&B Stücke, begleitet nur durch seine Akustikgitarre und später durch den Mofro-Keyboarder Anthony Farrell schafften es, das Publikum schnell in seinen Bann zu ziehen. Der gespendete Applaus war weit mehr als Höflichkeit des Münchener Publikums. Als dann Mofro komplett auf die Bühne kam, um Marc Broussard als Band zu unterstützen, war klar, was in wenigen Minuten auf das Publikum einprasseln würde: ungebändigter Soul, R&B und eine offen gezeigte Begeisterung für die live gespielte Musik. Marc Broussard stellte sich mir als Opener für JJ Grey&Mofro als die gleiche positive Überraschung dar, wie es bei JJ Grey&Mofro und Der TTB passiert ist. Auch Marc Broussard schreibt Songs mit tiefen Bezug auf seinem Leben: „Paradis“, eine Geschichte über einen Freund, dessen Familie über Generationen im Beerdigungsgeschäft sind: Jeder stirb mal im Leben – der Eine nur ein bisschen, der Andere ganz. Marc Broussard steht definitiv auf meiner CD Shoppingliste.

Nach der Umbaupause dann der Headliner – JJ Grey&Mofro. Die Technicum-Halle ist gut gefüllt und ich bin gespannt, wie das Publikum reagieren wird. Ich sage jetzt schon: Da haben sich zwei gesucht und gefunden! Aber davon später.

Als erstes Stück „Hide&Seek“ vom „Warhorse“ Album gefolgt von „99 Grades of Crazy“ vom „This River“ Album. JJ Grey gestikuliert, um den Inhalt seiner Songs zu unterstützen. Er diskutiert visuell mit seinem virtuellen Gegenüber des Songs.

Was mich wirklich überrascht hat war die Begeisterung der Band. Es gab nur grinsende Gesichter auf der Bühne. Nur die Bläser wirkten reserviert, lediglich Szenenapplaus für deren Solos zauberten eine schüchternes Lächeln auf die Gesichter von Dennis Marion und Art Edmaiston.
JJ Grey kündigt jeden Song mit einer Geschichte an. Selbstverständlich spielt er viele Songs aus der neuen CD „Ol‘ Glory“ und jetzt werden viele Dinge viel klarer. Brave Lil‘ Fighter: Die Geschichte eines alten Freundes, der mal eine unwiederbringlich falsche Entscheidung getroffen hat. „The Island“ – ein Platz zum Runter- und Heimkommen. Viele der Songs von JJ Grey&Mofro erzählen von Daheim in Florida und dem Leben dort. Was hat mich aber wirklich überrascht? Das Publikum und JJ Grey&Mofro waren eins. Bei „Brighter Day“ singt das Publikum textsicher den Song mit und das erstaunt selbst JJ Grey, der an dem Abend mehrmals das Mikrophon in Richtung Publikum richtet, um den Gesang einzufangen. Es scheint, dass JJ Grey ein Stein vom Herzen fiel, zu wissen, dass er gut beim Publikum ankommt. Überhaupt ist JJ Grey ein sehr emotioneller Sänger. Da die Songs alle einen direkten Bezug zu ihm haben, kommt es nicht nur einmal vor, dass JJ Grey feuchte Augen hatte. Der Song „Everything is a song“ ist von seiner kleinen, heute sechsjährigen Tochter initiiert, als sie etwas auf der Heimfahrt vom Gemüsehändler summte. Da erschien der Himmel noch blauer, das Gras noch grüner und er als Vater war noch „higher“. Der Drummer Anthony Cole lachte und murmelte was und JJ Grey erwiderte sofort mit Lachen, das der Zustand des „High“-Seins von was ganz anderem herkommt als was Anthony Cole vermutete. Die Erinnerungen und die Publikumsreaktionen hauen JJ Grey nahezu um. Wie sein Tourmanager mir erzählte, kann JJ Grey emotionell schon an seine Grenzen gelangen, wenn ihn seine eigenen Geschichten auf der Bühne einholen.

Bei „Country Ghetto“ sind JJ Grey&Mofro und das Publikum wieder komplett eine Einheit. Die Leute singen mit, applaudieren mit Szenenapplaus den Solos und das vor allem der Bläser, die kräftig für Soul sorgen.

Das Konzert dauert nun schon weit über eine Stunde. Mit „A night to remember“ leitet JJ Grey die Vorstellung der Band ein. Anthony Cole an dem minimalistischen Drums und Todd Smallie wechseln sich mit Solos ab, Todds Bassspiel ist perkussativ und ergänzt sich toll mit den Drums. Es ist erstaunlich, was Anthony Cole aus dem kleinen Drumset an Rhythmus und Drive zaubert. Die Soloteile des Songs haben eine Dynamik sonders gleich: Die Band spielt, das Publikum singt den Refrain mit und dann ein Brake, abbremsten auf null, Ansage der Bandmitglieder um dann wieder die volle Fahrt aufzunehmen. JJ Grey singt, tanzt und grooved. Und dann das warm-schwülstige „Slow, Hot and Sweaty“, man spürt förmlich die Schwüle und Hitze der Sümpfe Floridas. „Ho Cake“, eine weitere schweißtreibende Nummer über die kulinarischen Köstlichkeiten aus JJ’s Heimat. Ein Solo reiht sich an das Andere, JJ Grey am Keyboard und die phantastischen Bläser mit Saxophon und Trompetensolos. Soul und R&B vom Feinsten. „Lochloosa“ und das Publikum singt mit und bringt JJ Grey an den Rand seiner emotionellen Kondition. Das hat er nicht erwartet, hier auf sein Publikum zu treffen.

Für das letzte Stück bei den Zugaben holt JJ Grey noch mal Marc Broussard auf die Bühne und die beiden singen im Duo, das aber mehr Shout and Reply ist. Emotionen pur von zwei Vollblutsängern. Die Soulseele kocht über und das Publikum gibt einen frenetischen Abschiedsapplaus. JJ Grey versprach mir im Interview, mit seinem neuen Managment Provogue/Mascot die Türe nach Europa etwas weiter aufgestoßen zu haben. Wir freuen uns, wenn er bald wieder kommt.

 

Die verbleibenden Termine in Europa:

Mo 23.3. Batschkapp Frankfurt, Germany mit Marc Broussard
Di 24.3. Kesselhaus Berlin, Germany mit Marc Broussard
Mi 25.3. Kulturfabrik Roth Roth, Germany mit Marc Broussard
Do 26.3. Rockpalast Crossroads Festival Bonn, Germany JJ Grey & Mofro
Fr 27.3. Paradiso Main Hall Amsterdam, The Netherlands mit Marc Broussard
Sa 28.3. Paard van Troje (Mainhall) Den Haag, The Netherlands mit Marc Broussard