Der britische Radiomacher Bob Harris sagte, der irische Künstler Brian Houston sei „really, really special.“ Dem stimmen wir zu. Hier ist eine kurze Rezension seines neuen Gospel-Blues-Albums und ein Interview mit Brian. Von Gary Burnett (Down At The Crossroads). Übersetzung: Raimund Nitzsche.<br />    &nbsp;

Ein Interview von Gary Burnett für Down At The Crossroads

Für viele Leser des Blogs Down At The Crossroads war es wahrscheinlich eine Überraschung, dass „Shelter“ von Brian Houston auf der Liste der Besten Blues Alben 2012 auftauchte. Doch wir waren der Meinung, dass dieses Album des noch nicht so bekannten irischen Sängers stark genug war, um neben den Veröffentlichungen weitbekannter Rock- und Bluesmusiker bestehen zu können.

Und jetzt kommt als Nachfolger dazu „Mercy“, ein weiteres brilliantes Gospel-Blues-Album. „Shelter“ hatte für Houston einen Wechsel hin zu einem rockigeren und bluesigeren Stil eingeleited. Und auf seinem neuen Album, hat er das wirklich auf den Punkt gebracht, hat er etwas geschaffen, was in der langen Geschichte des Gospel-Blues herausragt. Die Musik ist grandios, sie wird getrieben Gitarren-Riffs, die teils eingängig, teils kantig sind. Der Blues steht im Vordergrund, doch immer wird eine ordentliche Portion Gospel hinzugefügt. Die Lyrics stehen fest in der Tradition der Spirituals und des Blues, es gibt Verweise auf Ägypten, das Gelobte Land, Josua, betende Mütter, fliehende Teufel, sterbende Väter und einen zutiefst verängstigten Geist. Ja, sogar einen Song namens „Gospel Train“ haben wir hier, der sich gut macht neben all den zahllosen gospel trains, die durch die Americana-Blues-Tradition donnern. Wenn es einen herausragenden Song auf dem Album geben sollte, und ehrlich gesagt ist das eine harte Wahl, dann ist er es.

Everybody get on the gospel train
Gather in the weak and the poor and the lame
There’s a first class ticket held in your hand
Get ready for the promised land

 Das ist moderner Blues vom Feinsten, deutlich verankert in der Tradition des Blues, doch er lässt ihn frisch und bedeutsam klingen. Und wie bei jedem guten Blues gibt es bei ihm etwas optimistisches und fröhliches. Das beständige Gefühl der Hoffnung zieht sich hindurch:

In the darkness came a shining light
Into the darkness a new hope came in sight…
His name was Jesus

Gary Burnett erwischte Brian in North Carolina, wo er inzwischen wohnt.

 <em>Glückwunsch zum neuen Album, Brian. Wie waren die Reaktionen auf die neuen Songs?</em><br />    Brian: Ich bin tatsächlich ziemlich erstaunt über die Reaktion, vor allem live. Wenn Du ein Lied schreibst und aufnimmst, dann hat es eine gewisse Erregung und Vitalität, die man im Laufe der Monate beim Zusammenstellen des Albums, dem Schneiden und Mixen allmählich vergisst. Doch wenn Du sie dann live spielst, dann bekommen sie all diese Energie mit einem großen Sturm zurück. Es ist eine echte Ermutigung und Belohnung, wenn man sieht, wie die Menschen auf sie ragieren. Das ist, als würde die ursprüngliche Erregung, die man beim Schreiben gefühlt hat, wiederhergestellt!

<em>„Shelter“, das letztjährige Album war das bluesigste und rockigste, was Du bislang gemacht hattest. Aber diesmal bist Du mit „Mercy“ kopfüber in den Blues eingetaucht, oder? Und Du damit wirklich ins Schwarze getroffen. Was hat Dich dazu gebracht, in Deiner Musik diese Richtung einzuschlagen?</em><br />    Nun, ich denke, „Gospel Road“ war der Schritt, den ich in Richtung eines neuen Stils gegangen bin. Das war das erste Mal, wo ich ein Album mit wirklich authentisch verwurzelter Musik machen wollte. Die Musik kam alle von der reinen Quelle und nicht aus zufällig aufgeschnappten Einflüssen, die normalerweise mein Schreiben beeinflussten. Ich war sehr unbefriedigt mit Alben, die ich bislang gemacht hatte, weil einige von ihnen für mich wie homogenisiert klangen. Aus irgendeindem Grund waren die Black Keys für mich das missing link. Sie kombinierten ein Gefühl des Garage-Rock mit traditionellem Blues und moderner Produktion, das ich sowohl interesant als auch unterhaltsam fand. Das wurde für mich der Eingang in den Kaninchenbau und ich fing an, nach den Wurzeln ihrer Musik zu graben und entdeckte Leute wie Junior Kimbrough und R.L. Burnside. Und ich hörte außerdem harten Gospel und Muddy Waters oder Howlin‘ Wolf. Ich wurde in gewisser Weise besessen von diesen Quellen und hörte sie nonstop. Es scheint kein Ende zu geben bei dieser Entdeckung von Künstlern, und jedes Mal wenn ich mich zum Schreiben hinsetze, kommt das heraus. Das ist einfach der Ort, an dem ich heutzutage meine Inspiration finde.

Es gibt eine Menge großartiger Gitarrenarbeit auf dem Album – vermutlich stammt vieles davon von Dir. Ist das etwas, auf das Du Dich in letzter Zeit konzentriert hast?
Ich hab alles gespielt und gesungen auf dem Album bis auf das Schlagzeug. In gewisser Weise hab ich mein Gitarrenspiel wiederentdeckt. Als ich 19 war, zeigte mir ein Typ, wie man „Message In A Bottle“ spielt. Ich fragte ihn, wie er das gelernt hat. Und er meinte, er habe es für sich selbst herausgefunden. Als er mir das erzählte, dachte ich: Ok, diese Fähigkeit habe ich nicht. So entschied ich mich bewusst, kein Gitarrist sondern ein Songwriter zu sein und habe darauf meinen Fokus gelegt. Aus wirtschaftlichen Gründen haben wir vor kurzem begonnen, mehr Konzerte als Trio zu spielen, und das war für mich der Beginn. Denn dies stellt viel höhere Ansprüche an Deine Fähigkeiten und Du kannst nicht so einfach mit Bluffen davonkommen. So hab ich begonnen, viel mehr zu üben und eine Menge Zeit und Geld in meine Fähigkeiten auf der Gitarre zu investieren. Für mich fühlte es sich natürlich an, diesen Teil der Musik zu machen und mich nicht zu fürchten, dass die Lieder länger werden, Solos haben und so weiter.

Es gibt eine lange Linie des Gospelblues, die zurück geht bis in die frühen Tage mit Blind Willie Johnson über Leute wie Fred McDowell und Rev. Gary Davis und die sich fortsetzt bis etwa zu „Brother Jona and the Whale“ von Kelly Joe Phelps im letzten Jahr. Stellst Du Dich bewusst in diese Tradition?
Ich glaub, ich habe mehr auf weiße Gottesdienst-Musik und weißen Blues reagiert. Ich vermisse in dieser Musik die Kanten und sehe die Tendenz, alles zu glätten und zu polieren und es damit sicher zu machen. Deshalb waren die Black Keys für mich ein Verbindungsglied. Sie zeigten mir, dass weiße Menschen den Geist und die Leidenschaft des Blues umarmen können und auch wenn sie die 12-Takte-Formel vermeiden doch authentisch klingen können. Da gibt es einen Künstler namens Rev Charlie Jackson, den mir Mike Farris in Nashville nahegebracht hat. Und seine Musik klingt, als käme sie aus den 40er Jahren und ist doch neu. Ich fand sogar einen Clip von ihm bei der Late Late Show in Dublin, was mich überraschte, denn ich dachte, er sei altertümlich und tot und begraben. So klang jedenfalls seine Musik für mich. Zu dem Zeitpunkt hatte ich nocht den Mut, so weit zu gehen. Aber ich liebe sie noch immer!

Du hast sogar einen „Gospel Train“ Song auf dem Album, was wirklich in eine Americana/Gospel/Blues-Tradition hineinpasst: die Anspielungen auf Ägypten, das Gelobte Land und so weiter sind ein fester Bestandteil der schwarzen Spirituals und der Bluestradition. Es gibt von diesem Typ so viele Songs, die über die Jahre geschriebe oder nachgespielt wurden – und doch bist Du hier und hast einen neuen, der absolut fantastisch klingt. Wie schaffst Du es als Songwriter, ein Werk zu schaffen, das einserseits absolut traditionell andererseits aber so frisch ist?
Wow, das ist sehr freundlich von Dir. Danke! Dieses Lied ist eines von den Geschenken, die Dir einfach in den Schoß fallen. Manchmal hat man einen Geistesblitz und gleichzeitig Zeit und Raum, ihn sofort aufzuschreiben. Und die Verweise auf Ägypten sind, wenn ich drüber nachdenke, Verweise auf uns, die wir Irland verlassen und in die Staaten ziehen.

Ja, Du bist ja letztens umgezogen und lebst jetzt in den Vereinigten Staaten. Was ist die Ursache dafür – und was für eine Wirkung wird das Deiner Meinung nach auf Deine Musik haben?
Irland ist in mancherlei Hinsicht zu meinem Ägypten geworden. Die Lage ist sehr hart geworden und es ist äußerst schwierig, als Musiker seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Auch viele andere Türen haben sich dort geschlossen. Finanziell, geistlich und auch in Bezug auf unsere Beziehung mussten wir einen Neuanfang machen oder zumindest aus unseren Verhaltensweisen und Spuren ausbrechen. Selbst wenn es nicht funktionieren sollte, haben wir es wenigstens probiert
Ich bin mir nicht sicher, was das mit der Musik anstellen wird. Manchmal verlassen Iren ihre Heimat und werden noch irischer in ihren Äußerungen. Das wäre zum Schreien, wenn ich am Ende Diddly-Dee-Musik schreiben würde. (lol) Narth Carolina ist eng verbunden mit Bluegrass, der könnte also eine Rolle spielen, aber auch viele der Hard Gospel Gruppen kamen von hier, wer weiß? Am besten sollte man also diesen Ort im Auge behalten!