Es ist Anfang Dezember, als wir uns auf den Weg machen, Krauts over Britain hatte ich in einer Mail geschrieben, um die kleine Tour nach Nordengland anzukündigen. Wir fahren diesmal mit den Bluezbusters als Trio. Das wir diesmal als Trio fahren, hat mehrere Gründe: die Bluezbusters spielen seit zwei Jahren konstant, wir hatten ca. 30 Gigs pro Jahr, bis auf einen waren alle sehr erfolgreich (jemand hatte uns versehentlich zu einer Frauentagsfeier gebucht- die Damen wollten Roland Kaiser und den Strippper, nicht uns).Wir haben zweimal erfolgreich als Support für Todd Wolfe gespielt, einmal hat er mit uns gejammt. Und selbst Gregor Hilden, der ehemalige Chefredakteur der Zeitschrift „Akkustikgitarre“ lobte unsere Musik. Nun war es Zeit, den Härtetest in englischen Pubs zu bestehen.
Wir hatten den Termin extra auf Anfang Dezember gelegt, um den Wetterkapriolen aus dem Weg zu gehen, die normalerweise ja erst Ende Dezember, Anfang Januar beginnen. Leider stellt sich das als Irrtum heraus, wir starten frühmorgens im Schneeesturm, man sieht kaum etwas, die Fahrt beginnt unter denkbar ungünstigen Umständen. Unser erstes Ziel ist Düsseldorf, dort gibt es eine kleine Kneipe namens Sterzenbach´s, in der wir als Quartett schon einmal gespielt haben und dort richtig gut ankamen, als ich die Besitzerein frage, ob wir noch mal dort spielen können, ist sie begeistert. Ausserdem habe ich dort eine Übernachtungsmöglichkeit für uns alle.
Wir schaffen es tatsächlich bis abends dorthin, im Schneesturm laden wir aus und bauen auf. Die Kneipe ist nicht größer als mein Wohnzimmer, denke ich, das Publikum gemischt, viele Gewohnheitstrinker, aber eher vom rheinischen Schlag, also fröhlich. Wir sollen schon um 18.00 Uhr anfangen, die Kneipe ist in einem Wohnhaus und wir sollen pünktlich Schluß machen. Gage gibt es in dem Sinne nicht, wir spielen gegen die Tür. Erfreulich- ein paar Leute sind wegen uns gekommen, weil sie vom Januar nur Gutes gehört haben. Gegen Sieben legen wir dann los. Wir haben ein Set extra für die englischen Pubs zusammengestellt, natürlich viel Blues, aber gerade Micha liebt auch mehr die Oldieschiene, so dass wir notfalls von Satisfaction bis zu irgendwelchen CCR-Zeug viel bedienen können. Da wir diesmal ohne Hammond unterwegs sind, haben wir gute Monitore dabei, was mir als Sänger das Wichtigste ist- ohne Monitore ist man als Sänger verloren, man hört sich nicht und fängt an zu schreien. Die erste Tour haben wir komplett ohne Monitor gespielt, bei zeitweise ohrenbetäubenden Lautstärken, das zweitemal hatten wir In-Ear Monitoring dabei, was auch nicht ohne Probleme funkioniert. Diesmal wird es richtig gut, wir spielen entspannt unser Set, mit allen Mätzchen wie auf die Tische bzw. Tresen-gehen, Gitarre hinter dem Kopf spielen und all das Zeug, was man macht um die Leute hochzukriegen. Und die Leute flippen aus, einer geht immer wieder mit dem Hut rum und sammelt Geld. Alle sind betrunken und guter Laune. Die Wirtin verliert etwas die Kontrolle, auch über sich und baggert meinen Kumpel M. an, bei dem wir übernachten wollen. Beim Abbauen will mich eine blonde Dame mit nach Hause nehmen. Mit viel Mühe verdrücken wir uns, nicht ohne zu versprechen, bald wieder dort zu spielen.
Die erste Nacht auf Tour ist normalerweise ohne Schlaf, so war es die ersten beiden Male. Man hat zuviel Adrenalin in sich. Auch diesmal schlafe ich fast nicht. Ich kann noch verhindern, dass die Jungs Pflaumenschnaps mitnehmen. Wir haben 900 km vor uns durch halb Europa, dessen Verkehr gerade kollabiert unter den Schneemassen. Der Eurotunnel war heute gesperrt, ob wir morgen auf die Insel kommen, steht in den Sternen.