Der Bielefelder Songwriter und Gitarrist Bad Temper Joe scheint von einer unfassbaren Kreativität beseelt zu sein. Mit „Solitary Mind“ hat er bereits sein viertes Soloalbum vorgelegt. Tief in der Geschichte des Deltablues verwurzelt erzählt er wiederum seine ganz eigenen Geschichten und begleitet sich auf diversen aktustischen Gitarren, dass es eine wahre Lust ist.
Ein Kollege hat Bad Temper Joe als Liedermacher im Biermannschen Wortsinn bezeichnet: Ein Mensch, dessen Handwerk es ist, Lieder zu schreiben und seinem Publikum vorzuspielen. Ein Handwerker also, kein in höheren Sphären schwebender Künstler. Die Väter des Blues waren ähnliche Handwerker: Sie spielten ihre Musik für die Leute, die am Wochenende feiern und ihren Alltag vergessen wollten. In den Geschichten der Bluesmen konnten sie ihren Alltag wieder finden, konnten mit dem Sänger lachen und weinen, tanzten sich die Trauer und den Kummer aus dem Leib und schöpften neue Kraft für das Überleben.
Gibt es ein solches Publikum heute noch? Wenn man sich „Solitary Mind“ anhört, dann vergisst man eine solche Frage ziemlich schnell, zumindest wenn man einen Sinn für klassischen Blues und hochklassiges Songwriting hat. Bad Temper Joe ist nämlich genau das: Ein höchst individueller Songschreiber, der den alten Blues ganz zu seiner eigenen Sprache gemacht hat. Klar kommen immer wieder Sprachbilder vor, die man seit Jahrzehnten kennt. Doch das sind ähnlich wie manche Riffs Zitate und Reminiszenzen an die Geschichte, keine Kopie aus Mangel an eigenen Ideen. Bad Temper Joe erzählt von Frauen, von echten oder erfundenen, von starken Frauen und der Sehnsucht nach ihnen. Aber ebenso erzählt er auch vom Leben im Schatten jenseits des Rampenlichts. Hier schaut einer in die Welt und erzählt davon so, dass es allgemeingültige und scheinbar alterslose Geschichten werden.
Dass er zugleich ein faszinierender Gitarrist ist, kann man nicht häufig genug erwähnen. War er am Anfang hauptsächlich mit Slide-Gitarren oder der Lap Steele unterwegs, hat er sich seit seinem Debüt auch dem Fingerpicking gewidmet und darin eine eigene Sprache gefunden. Wobei er mich auch weiterhin vor allem als Slidespieler begeister.
„Solitary Mind“ ist ein akustisches Bluesalbum, dem man eine große Hörerschaft wünscht. Bad Temper Joe hat sich mit dieser Scheibe weiter in die Oberliga der deutschen Bluessongwriter und -gitarristen gespielt. Unbeding reinhören!