<span style="color: rgb(55, 64, 78); font-family: Helvetica, Arial, 'lucida grande', tahoma, verdana, arial, sans-serif; font-size: 13.63636302947998px; line-height: 20px;">hockst in allen gefährten des lebens. im feuerwehrauto, im polizeiwagen, im sandkasten. im rettungswagen, im taxi, im eigenen auto, das plötzlich, was du sonst nur aus actionfilmen kennst, anfängt zu brennen. in der gefängniszelle, in der zelle des strengen arrestes, in der spielothek, im casino, auf grabsteingeschmückte</span><span class="text_exposed_show" style="display: inline; color: rgb(55, 64, 78); font-family: Helvetica, Arial, 'lucida grande', tahoma, verdana, arial, sans-serif; font-size: 13.63636302947998px; line-height: 20px;">n friedhöfen und in friedhofskappelen, in der schule, im kinderzimmer, im kasten des bettes, nackt in der leeren badewanne und im operationssaal, während der narkose erwachend, eingeklemmt im autowrack und aus dem fenster gestürzt in den vorgarten des mehrstöckigen ferienhauses. im beiwagen des vater-motorrades und im milchauto, das vom vater verlassen bei laufendem motor mit dir gegen eine wand rollt, die krachend in sich zusammenfällt. im stapelraum der brauerei und in der gemüsehalle des obst-gemüse-speisekartoffel großhandels, im zimmer eines hospizes, im leergutlager und auf stationen der psychiatrie, in bierzelten und gespensterbahnen, im sortierraum der eierwirtschaft beim rausgrabbeln von kaputten und verfaulten eiern und im freibankfleischerladen umgeben von fleisch aus dem gegenüberliegenden furchtbar stinkenden schlachthof, fleisch aus notschlachtungen von bei der anlieferung und beim transport verletzten, verwundeten, geschundenen und mißhandelten mitgeschöpfen. offene, klapprige, geschlossene gefährte. mit und ohne räder, auf schlitten und auf glatten sohlen, in spikes und ganz normalen schuhen. so selten barfuß, manchmal im bett, selbst dort sich noch splitter auf frischen laken einreißend. im kinder- und im kettenkarussel, in schießbuden und losbuden, in berg- und talbahnen, im kofferraum und auch im schrank. in der ecke und auf dem klo, in supermärkten und tabakläden, in headshops, bars, kneipen und bordellen, in swingerklubs und peepshows, in kellern der pornoläden und anderen kinos. in bürofachgeschäften, apotheken und bei leuten zuhause. unterm bett und auf besucherritzen, klappbetten, feldbetten, luftmatrazen und einfach ohne alles auf dem fußboden. im, vor und hinter gebüschen, am strand und im wald, nachts auf dem fußballfeld eines stadions, auf bahnschienen eines rangierbahnhofes der viehwirtschaft, im kornlager der getreidewirtschaft und auf meterhohen muffigen und verschimmelten pappen im riesigen schuppen des altstoffhandels. in der grundschule schockstarr geklemmt, wenn die lehrerin sich auf dem tisch der ersten bankreihe sitzend unter den schlüpferlosen rock schauen läßt. im fahrradkeller, im kohlenkeller und in einem keller, in dem doch noch der siebente himmel ist. in der kellerwaschküche, in der sich eine frau bückt und unter ihrem kittel den über ihrem hintern prallgespannten gelben schlüpfer zum vorschein kommen läßt, dir plötzlich und unverhofft eine sonne herzeigt. in ruinen versteckt und von in ruinen gewachsenen bäumen ein paar blätter abreißend. im leeren kessel des wasserturms, auf dessen halbrunden vollgeschissenen und abfallgefüllten eierbecherboden kreise laufend, auf der, nur durch anspringen zu erreichenden, rostigen, brüchigen und lose schaukelnden stufenleiter, knapp den rand des riesigen kessels und dann das sonnenlicht wieder erreichend, auf und in dem astwerk von bäumen, die alle einen namen tragen. apfel, birne, eiche, ahorn und auf nur einem horn vom ziegenbock.&nbsp;<br />     <br />  „bockst wieder rum?“ fragte sie ihn.<br />  „ich hab nichts zu bocken.“ antwortete der mann, verbrannte sich den finger beim kippenausdrücken, sagte nicht mal: „aua!“ oder „autsch!“ zog nur leicht die hand zurück.<br />     „was dann?“ fragte sie nach.<br />  „zahnschmerzen.“<br />  „mußt du mal zum zahnarzt gehen.“<br />     „ja, muß ich wohl, ich fühl das loch von außen mit der zunge.“<br />    „dann wird’s auch zeit.“ sagte sie.<br />   „ich hab so schon überall nervenschmerzen. im gesicht, der ganze kopf, die zähne sowieso, die könnte ich mir unter dem druck, den ich empfinde, alle rausreißen, könnt mir die ganzen zähne rausschlagen.“<br />    „das mußt du ihm ja nicht unbedingt sagen.“ sagte die frau.<br />   „ich sag ja bloß, daß mir das dann beim zahnarzt besondere freude machen wird. klirren und schmerzen im kopf und dann der bohrer noch dazu.“<br />  „vielleicht bohrt er auch nicht und zieht dir den zahn.“<br />  „hoffentlich. hoffentlich magst du recht behalten.“<br />   <br />  „na, herr sorgenich, auch mal wieder da?“<br />     „ja, hab zahnschmerzen.“<br />  „dann setzen sie sich mal ins wartezimmer.“<br />   hängende gesichter ringsum. drei oder vier. junge hängende gesichter.<br />     „herr sorgenich, behandlungszimmer zwo. gang links, bitte.“<br />   „nehmen sie schon mal platz, der doktor kommt gleich.“ sagte die zahnarztassistentin und wies mit ausgestrecktem arm den weg zur geöffneten tür.<br />  der mann schaute auf ihre dicken knie unterhalb des dünnen, kurzen rocks. der rock noch etwas kürzer als der weiße kittel. sommer eben. dachte er, sah die offene tür zum anderen behandlungsraum, hörte: „dankeschön, herr doktor, aufwiedersehen.“, kletterte auf den stuhl und ließ sich fallen so gut es ging, schlug die füße übereinander, hände auf die sessellehnen. die schwester legte ihm ein hauchdünnes lätzchen an.<br />     „guten tag.“ begrüßte der mann den eintretenden arzt.<br />     „tach. nehmen sie mal die haarspange raus, sonst schlitzen sie mir noch den behandlungsstuhl auf. was haben sie?“<br />     „zahnschmerzen.“ antwortete der mann, ließ mit zwei fingern die haarspange aufspringen, steckte sie in die hosentasche und sagte: „zahnschmerzen. oben links.“<br />    „wo genau tut’s denn weh.“<br />    „eigentlich überall, alle zähne tun weh, aber zur zeit am meisten und ein bißchen anders, oben links, der letzte.“<br />    „wie, alle zähne tun weh?“<br />    „ist bei mir so, aus dem druck heraus, vom kopf. lippen und gesicht auch. und am meisten jetzt oben links, der letzte.“<br />   „dann machen sie mal den mund weit auf.“<br />  als er stocherte und eine eiskalte flüssigkeit auf die region sprühte, katapultierte er den mann aus dem klobigen ledermonster.<br />   „monika, rötgen sie mal. nummer… oben links.“<br />     <br />  im eiscafe aß der mann kein eis.<br />  „einen heißen kaffee und einen eiskaffee.“<br />    „espresso oder late ma…“<br />  „einen heißen kaffee, egal was für einen und einen kalten, bitte.“ unterbrach der mann ihre versuchte aufzählung.<br />     „tach, peter. siehst fertig aus, darf ich?“<br />   der mann nickte, sagte: „hallo.“ und sie setzte sich zu ihm.<br />  „hab gerade gewürgt wie ein wildschwein beim röntgen. diese vorhalteplastikschiene, die man sich beim zahnarzt zum röntgen in den mund schieben und würgend auch noch festhalten soll, kann ich gar nicht ab.“<br />    „ja, ist eklig, aber magenspiegelung find ich schlimmer.“ sagte die frau.<br />     „magenspiegelung? das ist doch gar nichts.“<br />   „kommst uns wieder mal besuchen? martin würd sich auch freuen. obwohl, letzte zeit ist er ja sehr beschäftigt, simst ständig rum, glaub, der hat was mit einer anderen zu laufen.“<br />    „hast mir noch gar nicht erzählt.“ sagte der mann.<br />    „wie denn auch, wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen. dich sieht man ja kaum noch. weißt du, peter, er streitet das natürlich ab, und an sein handy geh’ ich erst gar nicht. lügt sowieso rum, der kerl, aber freuen würd er sich trotzdem, wenn du mal wieder vorbeikommst.“<br />  „wozu, wenn er nicht da ist?“<br />     „ich weiß doch nicht, ob er da ist oder nicht.“<br />   seine zwei kaffee kamen.<br />  „wie hast du das denn gemacht? woher weißt du, daß ich einen eiskaffee möchte?“<br />   „intuition.“ sagte er.<br />    „du hast doch gar nicht gewußt, daß ich komme, hast du später heimlich, so anbei… aber woher wußtest du…?“<br />    „prost.“ sagte der mann, schob ihr den eiskaffee rüber und schlürfte an seiner kleinen tasse, streckte beim kaffee nippen den kleinen finger wie eine oma oder großtante dem himmel entgegen, winkte mit ihm, als wenn er zeichen gab.<br />    „ah, verstehe, geheimzeichen zur kellnerin. aber woher wußtest du, was ich trinken wollte? und weißt du, eigentlich müßte ich das martin heimzahlen, meinst du nicht auch?“<br />   „ich weiß so etwas eben.“ antwortete er.<br />  „komm doch einfach mal vorbei, ist doch egal, ob martin da ist oder nicht.“<br />   „ines, das geht nicht.“<br />   „wieso nicht?“<br />    „stell dir vor, er ist nicht da und du erzählst ihm später, daß ich da war.“<br />  „na und?“<br />     „dann denkt er auch bloß, daß wir was miteinander gehabt hätten.“<br />     „so was denkt martin nicht.“<br />  „ich denk, du willst heimzahlen?“<br />     „ja, aber doch nicht mit dir.“<br />    der mann schaute mit zusammengekniffenen augen in den himmel. die sonne lachte. aber sie strahlte so ein blödes lachen, daß es ihm in den augen weh tat. der mann piekte der sonne seinen kleinen finger rein, hielt ihn ihr einfach entgegen.<br />    „alles gut bei ihnen, soll’s noch was sein?“ fragte die kellnerin.<br />    „nein. zahlen bitte.“ sagte der mann und hörte: „danke für den eiskaffee.“</span>

UNTERM SAFT GEHT’S WEITER / 43