Eine Veranstatlung im Rahmen der Reihe „Die DEFA zwischen Staatsauftrag und Kunst“
Susanne (Simone von Zglinicki) ist mit ihren 18 Jahren ein eher unscheinbares Mädchen auf dem schwierigen Weg zum Erwachsenwerden. Sie ist stets hilfsbereit und gesellschaftlich engagiert, führt den Haushalt für Vater (Norbert Christian) und Bruder (Carl-Hermann Risse) und fristet dort eher ein Aschenputteldasein. Ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse stehen hintenan und werden auch von den Anderen nicht wahrgenommen. Ihre Liebe zu Lutz (Christian Steyer) bleibt zunächst unerwidert. Auch er sieht in ihr lediglich das kleine Mädchen, welches er bereits aus seinen Kindertagen kennt. Erst als sie das egoistische Verhalten ihrer Freundin Daisy (Ursula Staak) erkennt, weiß Susanne, dass sie ihr Leben ändern muss und nicht immer nur für andere dasein darf. Selbstbewusster geworden schafft sie es, Lutz zu erobern und verlebt eine kurze, glückliche Zeit mit ihm. Diesen zieht jedoch das Fernweh in die Welt hinaus. Durch ihre Wandlung gestärkt, ist sie nun in der Lage, ihn gehenzulassen.
Der Film „Für die Liebe noch zu mager?“ zählt zu den populärsten Streifen der DEFA und sprach damals besonders junge Leute an. Die Konzentration auf die privaten Wünsche und Sehnsüchte der Hauptfigur, entsprach dem Lebensgefühl der frühen 70er Jahre und ist in den DEFA-Filmen dieser Zeit oft zu finden. Als Beispiele seien hier „Die Legende von Paul und Paula“ (1973), „Liebe mit 16“ (1974), „…verdammt, ich bin erwachsen“ (1974) und „Sabine Wulff“ (1978) erwähnt.
Einen großen Anteil am Erfolg des Films, hatte unbestritten die Musik. Die Titel der Klaus Renft-Combo „Als ich wie ein Vogel war“ und „Ich und der Rock“, wurden zu wahren Hits. Das Illés Ensemble mit Zsuzsa Koncz sorgte ebenfalls mit ihrer Musik für die Frische und Frechheit des Films. So singen sie gleich zu Beginn „Ja, was machen denn die Leute, wenn sie keine Fahne tragen…“. Die Texte schrieb größtenteils der Liedermacher Gerulf Pannach.
Für den Regisseur Bernhard Stephan war es der erste Kinofilm. Zuvor hatte er für das Fernsehen der DDR gearbeitet. Weitere erfolgreiche Filme Stephans sind z.B. „Jörg Ratgeb, Maler“ (1978) und „Schatzsucher“ (1979). Nach der Wende arbeitete er wieder verstärkt für das Fernsehen. So führte er in vielen Folgen der beliebten Krimiserie „Der letzte Zeuge“ Regie.
Für die Rolle der Susanne war zunächst Katharina Thalbach vorgesehen. Diese wurde allerdings vor Drehbeginn schwanger. Auf der Suche nach einer neuen Besetzung, entdeckte Bernhard Stephan die damals 22jährige Simone von Zglinicki. Für die Schauspielstudentin war es der Beginn einer großen Karriere in Film und Theater.
Simone von Zglinicki:
Aus der heutigen Sicht hat so ein Film eine gewisse Leichtigkeit, eine Unbeschwertheit, und solche Filme haben genauso ihre Berechtigung gehabt wie Filme, die viel ernsthafter und vielleicht auch mutiger an Probleme herangegangen sind, wie zum Beispiel Der nackte Mann auf dem Sportplatz mit dieser Realismusdebatte. Das wirkte natürlich anders. Aber heute…verstehe ich bestimmte Sachen, gucke auf den Film und denke: „Na, holla – ganz schön!“ Und dazu gehören auch Gerulf Pannachs Texte. Wir haben einfach Glück gehabt.
Gerulf Pannach, Liedermacher:
Es ist ja eine wichtige Angelegenheit für jemanden, der überhaupt etwas tut – ob er nun malt oder Filme macht oder schreibt -, Chronist zu sein. Der Film ist einfach auch eine Art DDR-Chronik über eine bestimmte Zeit. (…) So ein bißchen DDR-Museum, wenn man so will. Er spiegelt eine Phase wider, die sehr hoffnungsvoll war.
Für die Liebe noch zu mager?
Jugendfilm DEFA 1973/74
Drehbuch und Regie: Bernhard Stephan
Musik: Illés Ensemble, Klaus Renft Combo
Kamera: Hans-Jürgen Kruse
83 min/Farbe
Literatur / Literaturempfehlung: Das große Lexikon der DEFA-Spielfilme / Spur der Filme
Redaktion: Jürgen Meier