brooks blindwilliemctell1 may2012

Brooks Williams ist ein Sänger/Songwriter/Gitarrist aus Statesboro (Georgia), der mit seiner eigenen Musik und überarbeiteten klassischen Bluessongs seit 25 Jahren seine Zuhörer überall auf der Welt unterhält. Er wurde zu einem der 100 besten Akustikgitarristen der Welt gezählt und ist einer der coolsten Sänger, die man zu hören bekommt. Wenn man zu einem Auftritt von Brooks Williams geht, dann ist man geblendet von seinem Gitarrenspiel, bezaubert von seinem Gesang und wird durch die Geschichten in den Liedern von den eigenen Gedanken abgelenkt. Aber vor allem geht man hinterher mit einem großen Lächeln im Gesicht weg, das den Rest der Woche andauern wird.
Gary Burnett sprach mit Williams für seinen Blog „Down at the Crossroads“ über die Aktualität alter Bluessongs ebenso wie über die Erlebnisse, den Blues nach Ostafrika zu bringen.

Gary Burnett im Gespräch mit dem Songwriter und Gitarristen Brook Williams.

Gary: Erzählen Sie uns etwas über Ihre Beziehung zum Blues, Brooks. Wenn man sich Ihre letzten Alben betrachtet, scheint es, dass Ihr Interesse am Blues sich über die letzten Jahre entwickelt hat.
Brooks: Grundsätzlich ist der Blues seit jeher das Fundament meines musikalischen Verständnisses. Die musikalischen und lyrischen Kadenzen: Ich komme aus Statesboro in Georgia, dort gehört das zum Lebensrhythmus dazu!
Ich verließ Georgia um auf die Universität in Boston zu gehen, als ich siebzehn Jahre alt war und ich war begierig darauf, von zu Hause wegzukommen, um meine Flügel auszubreiten. In Boston fand ich mich dann wieder als jemand, der akustische Sachen, Singer-/Songwriter- und jazzige Sachen spielte. Das war damals dort angesagt und ich wurde in diese Szene hineingezogen. Das war Mitte der 80er Jahre und Blues war an einem echten Tiefpunkt. Besonders in Amerika. Aber in diesen Tagen wurde ich – obwohl ich diese angesagte akustische Musik spielte, sofort als einer mit Blues-Wurzeln identifiziert. Ich wurde gebeten, im Vorprogramm von Leuten wie Taj Mahal, John Hammond, Maria Muldaur, Rory Block oder David Bromberg aufzutreten – und die spielten in den kleinsten Läden, weil es (damals) kein großes Publikum für den Blues gab. Wenn ich mich heute daran erinnere, denke ich: Was für eine tolle Möglichkeit, diese fantastischen Blues-Künstler in intimen Läden mit grad mal 40 Plätzen zu sehen!

Haben Sie bemerkt, dass sich der Appetit auf Blues verändert hat?
Er hat sich seither definitiv geändert. Promoter haben mich immer wieder mit diesen Küsntlern gebucht und obwohl ich mich sehr leicht daran gewöhnte, war ich doch bei Plattenfirmen unter Vertrag die dieses neue akustische Ding machten. So waren meine Gefühle in Bezug auf das, was ich tun sollte, gespalten. Denn meine Konzerte waren sehr verschieden von meinen Platten. Ich spielte viel mehr Bottleneck bei den Gigs. Aber wenn ich ins Studio kam, dann meinten die Techniker: Oh, dieses Bottleneck-Ding ist unsauber, wir mögen den Sound nicht, können wir das nicht sauberer hinbekommen? Ich war in den
Zwanzigern und dachte, sie müssten sich damit besser auskennen.
Also ich würde sagen, dass ich in den letzten Jahren einfach zur Erkenntnis gekommen bin, wie wichtig der Blues ist für meine Arbeit als Songschreiber und Musiker. Ich kam zu dieser Entscheidung, als die Plattenindustrie gerade zu implodieren begann, das Downloaden hatte angefangen und meine Plattenfirma verschwand vom Markt. (Die hatten auf die Veränderungen im Markt einfach nicht reagiert.) Ich fand mich nun ohne Plattenvertrag wieder und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte wirklich zu kämpfen und hatte außerdem noch eine junge Familie damals. Und so dachte ich ernsthaft drüber nach, die Musik sein zu lassen und mir einen anderen Job zu suchen.
Aber inzwischen bekam ich Anrufe und Emails von Leuten, die wollten, dass ich Konzerte spiele, nicht nur um neue Platten vorzustellen sondern sie wollten, dass ich einfach komme und spiele. Ich nahm die Gigs an und fing an, das zu spielen, was ich konnte. Und das waren der Statesboro Blues, Weeping Willow Blues, Belfast Blues und so weiter. Das waren die Nummern, die ich zu Hause spielte, die ich liebte. Ich hatte keine Setlisten sondern spielte einfach nur, was ich wollte. Wie soll ich sagen: Ich hatte eine tolle Zeit! Und noch wichtiger: Die Zuhörer hatten eine tolle Zeit! Und je mehr ich mich auf diese Musik einließ, desto besser wurde es. Und das ist der Punkt, wo ich begann, den Blues auch wieder bei den Plattensessions zu spielen. Und es war eine Offenbarung, es war, als hätte man die Seite mit einem Kapitel meines Lebens geschlossen und eine andere geöffnet. Und das hab ich niemals bereut.

Sie nehmen sich ja oft alte Bluessongs vor, überarbeiten sie und hauchen ihnen neues Leben ein. Was meinen Sie, macht die ungebrochene Attraktivität dieser alten Lieder aus?
Es ist diese zeitlose Lyrik. Diese Lyrik, die mit Leid und Ungerechtigkeit zu tun hat, ist zeitlos. Wir denken oft, bei der Armen und Entrechteten handelt es sich vor allem um finanzielle Fragen. Das ist zwar völlig richtig. Aber ebenso geht es auch um moralische Armut. Und auf dieses Gefühl entrechtet zu sein können sich die meisten Menschen beziehen. Diese alten Bluessongs schaffen es überall, die verschiedensten Schichten zu verbinden. Wie „Soul of a Man“ von Blind Willie Johnson – das ist ein zeitloses Lied, er hat darin die Dinge einfach auf den Punkt gebracht.
Und es spielt keine Rolle, ob Sie im Palast oder im Armenhaus sitzen…

… es geht um Fragen, die uns alle angehen?
Genau. Und – um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Ich habe einen großen Respekt vor den Musikern, die den Sound des Vorkriegsblues oder den Sound des Blues in den 50ern wieder herstellen können. Aber für eine Menge Leute gilt: sobald sie diesen alten Sound hören, schalten sie ab. So hab ich nach Wegen gesucht, diese großartige und zeitlose Musik auf eine Weise vorzustellen, dass die Besucher lange genug zuhören, um es zu verstehen.

brooks blindwilliemctell1 may2012Wenn wir mal auf einige der alten Künstler schauen: Wer sind Ihre Favoriten?
Es sind meist die akustischen Spieler. Ich bin ein großer Fan von der auf Blind Boy Fuller zurückgehenden Art, die Gitarre zu spielen, von diesem Piedmont Blues. Als Akustikgitarrist liegt mir das sehr nahe. Und Mississippi John Hurt ist
ein großartiger Geschichtenerzähler – ich liebe Songs mit einer guten Geschichte drin, mehr noch als Lyrics, die sich nur an einer griffigen Zeile oder so festhalten.
Aber in den frühen Tagen hörte ich Blind Willie Johnson und Fred McDowell – das sind meine frühesten Einflüsse.

Und diese waren alle auch großartige Gitarristen…

Ja, das hat mir wirklich gut gefallen. Und dann – natürlich, wenn man aus Statesboro in Georgia kommt – muss ich Blind Willie McTell hören, ich muss! Und was das für ein toller Sänger ist. Ich liebe seine Musikalität.
Einer von den späteren Musikern, die einen Einfluss hatten, wie ich den Blues vor allem rhythmisch spiele, ist Snooks Eaglin aus New Orleans, obwohl er streng genommen gar kein Bluesmusiker ist. Er hatte so eine unverselle Art, ein Lied
auf der Gitarre zu spielen: er spielt die Basslinie, die Akkorde und dazu noch etwas Leadgitarre und sang außerdem noch!

Und außerdem haben Sie noch einen Song über Lightnin‘ Hopkins…
Richtig. Wenn ich in einer texanischen Stimmung bin – die Art wie er spielt, diese langsame Entwicklung – einfach großartig.

Ich hab letztens eine Biografie von Blind Willie McTell gelesen. „Hand Me Down My Travelling Shoes“. Die hat mir wirklich gefallen, sie ist sehr schön geschrieben.
Ja, das ist eine sehr detaillierte Biographie, vollgestopft mit so vielen Informationen. Als meine Frau und ich in diesem Jahr auf Tour waren, kamen wir auch nach Georgia und an einem Nachmittag fuhren wir zu dem Platz, wo Blind Willie McTell beerdigt ist. Das ist in Thompson, ein kleiner Klecks auf der Landkarte zwischen Augusta und Atlanta, eigentlich nur ein Stop auf dem Weg: aber das ist der Ort, wo seine Musik her kam. Und das machte, dass ich das Buch noch mehr mochte, denn man muss schon gewaltig wühlen, um an Informationen über Blind Willie McTell zu kommen. Willie McTell – er kam aus der Mitte von Niergendwo.

guitarlesson salina10Um das Thema ein wenig zu verändern: Brooks sie haben letztens eine Reise nach Afrika unternommen, um dort mit Kindern zu arbeiten, die kaum Chancen im Leben haben. Können Sie uns was über dieses Abenteuer erzählen?
Das war unglaublich. Es war sehr schwierig, weil die kulturellen Unterschiede enorm sind. Wir waren mit einer Wohltätigkeitsorganisation dort, die uns mit Schulkindern zusammen brachten. Mit denen haben wir Musik gemacht, getanzt, 
uns zur Musik bewegt. Die Schule wollte eigentlich die englische Sprache in der Schule damit fördern. Aus unserer Sicht haben wir die Musik aus dem Westen in die Schulen gebracht. Komischerweise waren die Missionare dort ja schon seit Jahren, so dass jeder eine Ahnung von Gospel und alten Folksongs hatte. Aber sie haben mit diesen Liedern etwas getan: Sie haben die Texte verändert und haben ihr eigenes Leben in die Songs gebracht. Das war erstaunlich.
In Ostafrika gibt es ja keine wirkliche Instrumentalkultur. Musik wird fast völlig über Trommeln und Stimmen gemacht. So brachte ich meine Resonator-Gitarre – vor allem, weil sie wirklich robust ist und wir uns in schwierigem Gelände befanden. Und diese Kinder hatten noch nie eine Gitarre gesehen oder gesehen, wie sie jemand spielt.
Und die erstaunlichste Sache, die mich wirklich begeisterte, war, als ich ihnen versuchte, einen 12-Takte-Blues beizubringen. Es war
ein wirklich einfacher Blues, der „Good Morning Blues“, eine alte Nummer von Sonny Terry & Brownie McGhee. In einem Blues gibt es
diese Unterbrechung zwischen den Zeilen, den „Antwort“-Teil des „Call and Response“, wo sich die Musik um die Akkordwechsel dreht. Die Kids wussten nicht, was man mit diesen „Lücken“ im Text tun sollte. Sie rasten einfach weiter durch den Text unt hatten kein Gefühl dafür, abzuwaren, bis es Zeit für die nächste Zeile wäre. Das ging so lange, bis wir mit ihnen das Lied getanzt haben. Als sie zu der Musik tanzen sollten, da konnten sie die Pausen einhalten. Aber vor allem konnten sie jetzt nicht mehr aufhören mit dem
Lied. Und das war faszinierend. Wie würden sie einen 12-Takte-Blues verändern und sich zu eigen machen? Wie würde schließlich ein ostafrikanischer 12-Takte-Blues aussehen?
Wir waren etwa zwei Wochen in Tansania und waren jeden Tag im Klassenzimmer. 70 Kinder in einer Klasse und 12 Klassen am Tag. Wir waren völlig erschöpft. Aber dann passierte folgendes: In der Mitte der ersten Woche kamen die zehn- bis zwölfjährigen in die Klasse ich trug ihnen auf, zu Hause etwas zu basteln, was an eine Gitarre erinnerte. Vielleicht könnten sie einen Besenstil in eine alte Gießkanne stecken mit ein wenig Faden als Gurt. Und man konnte richtig sehen, wie sich die Räder in ihren Köpfen drehten: Wie könnten sie eine Gitarre wie meine bauen? Ich ich fragte mich, wie lange sie wohl brauchen würden, einen Nagel in die Spitze des Besenstils zu schlagen und einen zweiten in die Gießkanne und ein Stück Draht zwischen ihnen zu spannen. Wie lange würde es brauchen, bis sie damit Töne erzeugen würden? Und dachte weiter – ich hatte natürlich mein Slide dabei – wie lange würde es dauern, bis sie sich ein Stück Metall oder Glas nehmen und damit über den Draht gleiten? Ich stellte mir so etwas vor wie eine musikalische Erfahrung, die es damals auf den Plantagen in den Südstaaten gegeben hatte.
Es war eine tolle Erfahrung. Und eine, die musikalisch gesehen, mir seither nicht aus dem Kopf geht. Alles, was diese Kinder machten,
basierte auf Rhythmus. Und trotz ihrer Armut war alles so voller Freude. Das hat meine Art, den Rhythmus zu betrachten, sehr beeinflusst.

Das ist wirklich ein bemerkenswertes Erlebnis, wenn man in Entwicklungsländer reist, wo man Menschen trifft, die nichts haben, die aber dennoch fröhlich und gastfreundlich sind.
Ja genau so ist es. Ich hab ein paar Konzerte auf einem staubigen Platz gegeben. Und die Leute kamen raus zu Hunderten und standen dicht an dicht. Und wir brachten sie zum Tanzen.
Meine schönste Erinnerung war das letzte Konzert, das wir gegeben haben. Wir hatten diesen Typen angeheuert, ein Sound System zu bringen. Er brachte es auf der Ladefläche eines Pickups und es war riesig. Aber niemand wusste, wie es funktioniert. Es endete damit, dass ich die Anlage zu bedienen hatte und für die ganze Vorstellung verantwortlich war. Die Schüler saßen stundenlang in der Nachmittagssonne und die örtlichen Würdenträger hielten Vorträge in Swahili. Irgendwann stand der Leiter der Schulbehörte auf und hielt eine Rede über die Ehrengäste und so weiter, und dann sah er mich an und sagte: „Möchtest Du etwas spielen?“ Also ging ich nach vorn, verkabelte meine Resonator-Gitarre und begann das Eröffnungsriff von „Boom Boom“, dem Song von John Lee Hooker. Ich hatte kaum zwei Takte gespielt, als alle 800 Kinder aufsprangen und zu der behelfsmäßigen Bühne kamen und dort im Staub tanzten sie zu der einzelnen Gitarre. Ich dachte, die Würdenträger würden darüber etwas sauer sein. Nun: Die Würdenträger waren
es nicht. Sie sprangen vom Podest und tanzten mit im Staub. Der ganze Platz tobte.
Ich dachte: da ist etwas in dieser Musik. John Lee Hooker hatte dieses Riff geschrieben, dass ich mir in gewisser Weise aneignete. Doch es stellte die Verbindung zu diesen Kindern in Ostafrika her und sie waren auf ihren Füßen und tanzten.
Als es vorbei war und die Kinder sich wieder setzten, ging ein kleiner Junge zum Schuldirektor und flüsterte ihm was ins Ohr. Der Schulleiter kam dann zu mir und erzählte, dass dieser Junge so von dem. was passiert war, beeindruckt war, dass er einen Rap geschrieben hatte und ihn aufführen wolle. Und er wollte, dass ich Gitarre für ihn dabei spiele.
Dieser kleine Junge, zehn Jahre alt, in schmutzigen Hosen und zerissenem Pullover, schnappt sich ein drahtloses Mikrophon und beginnt zu rappen – mit der vollendeten Haltung eines Rappers! Er hatte die Hand in der Hose, die ganze Palette. Er rappte auf Swahili und ich spielte dazu einen kleinen funky Groove auf der Gitarre. Und alle flippten sie aus. Ich war tief berührt, und als es vorbei war, fragte ich den Direktor, wovon der Rap denn gehandelt habe. Und er sagte: „Danke Freund, dass du gekommen bist,
dass du deinen Musik und deine Gitarre mitgebracht hast, wir haben so etwas noch nie gehört. Und wir hoffen, du kommst bald wieder zürck und wir werden wieder tanzen.“
Und ich dachte mir: Wie können wir diesem Jungen eine Gitarre besorgen, denn diese Musik wartet nur darauf, aus ihm heraus zu kommen. Ein starker Moment war das. Aber die Realität machte mich wieder nüchtern. Denn die Zukunft für diesen Jungen ist wahrscheinlich sehr düster, vor allem wegen AIDS. Und wenn die Jungs überleben und zu Männern werden: welche Arbeit gibt es für sie? Das letzte, was er braucht, ist eine Gitarre, es gibt andere Dinge, die er viel nötiger hat, aber ich konnte mir nicht helfen: mir ging die Frage nach einer Gitarre für ihn durch den Kopf.
Was sie mir gegeben haben, ist das Gefühl dafür, wenn man singt, es aus vollem Herzen zu tun. Auch ist Musik eigentlich dafür
da, dass man sich zu ihr bewegt. Das ist eine gute Erinnerung für einen Solo-Künstler, dass man so spielt, dass man
sich zu der Musik auch bewegen kann.

Es ist der eigentliche Sinn von Musik, die Menschen zu berühren. John Lee Hooker sagte: „Blues Is A Healer“. Und wenn Sie jemals zue einem Konzert von Bruce Springsteen gehen – das ist eine spirituelle Erfahrung. Und er scheint diesen Sinn für die Kraft der Musik, Menschen zu erlösen, zu haben. Und worüber sie erzählt haben, das ist im Prinzip das Gleiche.
Genau. Ich denke, Musik überwindet Barrieren und Grenzen. Und ich weiß, ich wurde von der Musik ganz tief drin in mir berührt und geheilt. Sie ist ein starkes Heilmttel. Und ich werde frustriert, wenn ich sie aus dem Blick verliere und mich in Details verstricke.

Es berührt einen emotional – und als anspruchsvolle Bürger der westlichen Welt fühlen wir uns dabei nicht immer wohl.
Ein paar Fragen zum Schluss. Sie haben dieses Jahr ein Album mit Boo Hewerdine aufgenommen, das „State of the Union“ heißt. Sind Sie zufrieden damit, wie es aufgenommen wird?
Ja, sehr sogar. Zuerst dachten wir: Vielleicht machen wir eine EP und vielleicht einen kleinen Auftritt in der Gegend für einen wohltätigen Zweck. Doch als wir ins Studio kamen, liebten wir die Einfachheit: zwei akustische Gitarren und zwei Stimmen. Wir haben uns keinen Kopf gemacht über einzelne Takes, wir spielten einfach in diesem Moment. Nach einem und einem halben Tag hatten wir die Aufnahmen abgeschlossen. Kurz danach hat es ein Label übernommen und dann wurde eine Tour organisiert.
Die Tour lief sehr gut und die ganze Sache wurde stärker und stärker. Es gibt etwas in der Art, wie Boo über Musik denkt – so wie ein englischer Songwriter, sehr anspruchsvoll, ironisch und schlagfertig. Die Art, wie Nick Lowe oder Elvis Costello ihre Lieder schreiben – und die kann ich gut nachvollziehen. Er wiederum scheint eine Verbindung zu meinen Wurzeln im Blues/Americana/Roots-Ding zu finden. Wenn wir zusammen auftreten weiß ich ungefähr, wo er hingeht und er das gleiche von mir. Und wir wissen beide, wie wir zusamen singen können.
Wir sind grade dabei, den zweiten Teil der Tour im November zu beginnen. Danach wollen wir im nächsten Jahr eine neue Platte aufnehmen. Das ist das erste Mal, dass ich in einem ernstzunehmenden Duo gespielt habe und gleichzeitig so gut mit dem Partner zusammen arbeiten konnte.

Aber Sie haben auch ein weiteres Soloprojekt, dass Sie gerade abgeschlossen haben?
Ja, ich will meine Solo-Karriere neben State of the Union weiter führen. 

Was können wir da erwarten?
Nun, die Songs sind definitiv stärker im Blues verwurzelt als die, die ich für State of the Union schreiben. Außerdem hatte ich einige fantastische Gäste, die mitwirkten. Martin Simpson kam für einen Song vorbei – der Doc Watson Klassiker „Deep River Blues“ – das wahr schlicht überwältigend.
Rowan Rheingans, ein junger Banjospieler aus Sheffield, und Steve Lockwood, ein Harmonikaspieler aus Cambridge spielten auch bei paar Nummern mit. Die anderen Stücke sind im Trio mit meinem großartigen Bassisten Any Seward dem Schlagzeuger Keith Angel entstanden. Was ich an dem Album aber am meisten liebe, ist die Tatsache, dass ich in einer sehr kreativen Schreibphase war und so alle Songs wirklich mag. Zusätzlich hab ich auch noch ein wenig über Ironie gelernt in meinen Jahren im Vereinigten Königreich. Amerikaner machen, wie Sie wissen, keine Ironie! Wir sind von Natur her dafür nicht begabt, aber ich habe gelernt, wie großartig Ironie sein kann, und so habe ich sie in ein paar Songs eingebaut. 

 

Und ein paar bluesige Nummern?
Ja, auf jeden Fall – eine Coverversion von „Deep River Blues“, „Mercury Blues“ und einige Originale, die sehr im traditionellen Blues/Roots-Stil gehalten sind.

Darauf freuen wir uns. Vielen Dank, Brooks!

(Übersetzung: Raimund Nitzsche)