Was ist los in Sachen Blues? Den besten Überblick zum Stand der Musik kann man im Frühjahr immer bekommen, wenn man die Festivalprogramme studiert, die spätestens im Mai in ihre Saison starten. Chemnitz, Eutin, Altzella, Schöppingen und Lieberose sind die Orte unserer kleinen Vorschau auf den Bluesfrühling 2015. 

Ein Ausblick auf die Festivals der nächsten Wochen von Raimund Nitzsche.

9. Mai: Blues & More in Chemnitz

Klein aber fein: es gibt ein paar Veranstaltungen hierzulande, die ohne großes Budget – und oft auch mit wenig überregionaler Resonanz – den Blues feiern. Im Mai gönnt sich die Veranstaltungsreihe „Blues & More“ in Chemnitz immer ein Festival mit drei Künstlerinnen/Bands an einem Abend. 2015 findet das erstmals im Eiscafé Temmler (Zschopauer Str.) statt, was mittlerweile auch der Hauptspielort der anderen Konzertveranstaltungen ist und es dem Publikum ermöglicht, die auftretenden Musiker ganz aus der Nähe zu erleben: so eine intensive Klubatmosphäre hat wohl kaum ein anderes Festival zu bieten. Und wer die Reise nach Sachsen macht, der kann unter anderem die Premiere des neuen Albums „Time“ von Big Daddy Wilson erleben. Außerdem werden dort Shanna Waterstown & Wet Hands und Earl Thomas & Royal Gard auftreten. Da der Platz sehr beschränkt ist, sollte man sich sein Ticket rechtzeitig über www.bluesandmore.de/Kontakt reservieren lassen.

13.-17. Mai: Modern Europe in Eutin

Spannend wie immer: In Eutin beherrscht man seit mehr als 25 Jahren die Kunst, bekannte und unbekannte Künstler auf die Bühne zu holen und daraus ein Programm zu gestalten, was die ganze Vielfalt des Blues und der verwandten Musik umfasst. Völlig verdient wurden die Macher letztens in Memphis mit dem „Keeping The Blues Alive Award“ ausgezeichnet. 2015 stehen im Mittelpunkt Künstler aus Europa:

So steht der Beginn auf der Bühne des Festivals am Donnerstag ganz im Zeichen Europas mit der tschechischen Sängerin/Akkordeonspielerin Petra Börnerová und dem Schweizer Bluesrocker Joe Colombo. Am Freitag sind Norwegen (The Blueskollektivet), Dänemark (The Blues Overdrive) und aus Deutschland das Adriano BaTolba Orchestra zu erleben. Wobei diese Bigband sich ganz dem Rockabilly und weniger den ganz reinen Lehren des Blues verschrieben hat. Aber das dürfte dem Spaß keinen Abbruch tun – ein solches Ensemble ist in Europa wohl ziemlich einzigartig.

Dass die polnische Bluesszene immer wieder gut für ganz besondere Projekte ist, konnte man in der Vergangenheit etwa mit Harp Attack erleben. In diesem Jahr kommt die Kraków Street Band nach Eutin mit neun Musikern aus ebensovielen Bands. Ursprünglich spielten sie ihre Kombination aus New Orleans Jazz und Blues nur auf dem dortigen Marktplatz. Mittlerweile waren sie auch schon bei einer polnischen Castingshow dabei. Auf jeden Fall ist gehöriger Spaß angesagt. Das dürfte auch auf den Jumpblues von Egidio Juke Ingala & The Jacknives aus Italien zutreffen.

Die bekannten Stars auf dem Programm: Nick Moss Band, Earl Thomas & The Guard und die Sean Carney Band feat. Shaun Booker. Das komplette Programm findet sich unter http://bluesfest-eutin.de/programm.html. Rechtzeitig vorher werden wir einige der Künstler auch im Crossroad Cafe auf radio 98eins vorstellen.

14./15. Mai: Internationales Blues & Rock Festival im Kloster Altzella

Schon zum 13. Mal findet über Himmelfahrt im Kloster Altzella das Festival statt, das in Sachsen von der Bedeutung her das Erbe des scheintoten Dresdner Bluesfestivals weiterführt. Headliner ist in diesem Jahr der Wüstenrocker Rich Hopkins, der mit seinen Luminarios auf großer Jubiläumstour in Europa unterwegs ist. Aber auch die anderen Acts versprechen interessante (und wesentlich bluesigere) Unterhaltung. Gleich zwei Bands aus den Niederlanden stehen mit Kees Schipper & Bemanning und AJ & The Wildgrooves auf dem Programm. Und für die sächsische Szene dürfte einer der selten gewordenen Auftritte der Jonathan Blues Band aus Berlin schon ein Grund zur Anreise sein. Für den Auftritt haben sich die Männer um Peter Papst mit Beata Kossowska (harp) und dem ehemaligen Rockhaus-Sänger Mike Kilian als Gäste eingeladen. Das komplette Line-up des Festivals findet sich auf http://bluesundrock-altzella.de/.

23./24. Mai Grolsch Blues Festival in Schöppingen

Das Grolsch Blues Festival in Schöppingen hat immer einige Acts auf dem Plan, die hierzulande noch nie zu erleben waren. Unter dem Motto „Crossover“ kann man heuer dann nicht nur Blues und Bluesrock hören, sondern auch Einflüsse aus Hiphop, Rootsrock, Gospel und afrikanischer Musik. So wird Bassekou Kouyaté aus Mali mit seiner Band Ngoni Ba seine Spielart der Griots aus Westafrika zu Gehör bringen. Als frisch gekürter Sieger der International Blues Challenge ist Eddie Cotton mit Band am Start, um gospelgetränkten Soulblues zu präsentieren. Beim inzwischen bei Alligator gelandeten Jarekus Singleton kann man nicht nur die Tradition der Bluesgitarre zwischen den Kings und SRV hören, sondern immer auch Einflüsse aus dem Hiphop. Dagegen sind Bands wie Little Hurricane, Heartless Bastards oder Dragondeer auch für die Rockfans die richtige Unterhaltung. Hier treffen mal Rootsrock, mal Psychedelic oder die Rocksounds der Black Keys oder White Stripes auf die klassischen Bluesformeln.

Die Homemade Jamz Blues Band wurde nach ihrer Gründung schon als Gruppe musikalischer Wunderkinder gefeiert. Inzwischen sind Ryan, Kyle und Taya Perry nach Alben voller gutem Bluesrock dem „Kindergarten“ entwachsen. Irgendein Kritiker meinte mal, sie könnten die Anführer einer neuen Welle jugendlicher Bluesrocker werden.

Gespannt sein darf man auch auf die australische Sängerin und Gitarristin Genevieve Chadwick, die manche schon als das heimliche Kind von Janis Joplin mit John Lee Hooker anpreisen. Auf jeden Fall hat diese Frau nicht nur eine Stimme, die sich sofort ins Herz einschleicht. Sie schreibt auch Lieder zwischen Blues & Roots, die aufregender sind als der größte Teil der Songwriter-Platten des letzten Jahres.

Natürlich kommt kein Festival ohne die bekannten Namen aus. In Schöppingen wird daher sowohl die Nick Moss mit seiner Band als auch die Texanerin Carolyn Wonderland auftreten. Und nachdem sie 2013 erstmals in Deutschland bei diesem Festival waren (und von vielen als der Höhepunkt gefeiert wurden), wird auch BabaJack aus Großbritannien wieder am Start sein.

29.30. Mai: Muddy Lives Blues Festival Lieberose

Neu auf dem Festivalkalender hierzulande und gleich mit einem äußerst spannenden Programm präsentiert sich das Muddy Lives Blues Festival auf der Waldbühne im brandenburgischen Lieberose. Klar dass Organisator Bernd Schulte vor allem die Künstler seiner Agentur Muddy Lives aufgestellt hat:

Johnny Mastro & Mama‘s Boys sind da ebenso zu hören wie die Nick Moss Band, Carolyn Wonderland, die australische Mason Rack Band oder die finnischen Bluesrocker Micke Bjorklof & Blue Strip, die gerade erst bei der European Blues Challenge im Wettkampf stand.

Hinzu kommen aber auch noch andere hörenswerte Künstler. Kai Strauss etwa wird mit seinen Electric Blues Allstars dabei sein, für die ostdeutschen Fans tritt Jürgen Kerth auf. Und auch auf den Garagenblues von Two Timer aus Polen oder den Sound von Chilly Willy aus Belgien darf man gespannt sein.

Für diejenigen, die nicht genügend Zeit für die Reise in die brandenburgischen Wälder haben: Muddy Lives schickt seine Künstler einzeln natürlich noch auf Tour durch die hiesigigen Clubs.